Kleines und Großes zu beherrschen, flexibel und qualitätsbewusst zu sein, schnell zu agieren und langfristig zu denken. Das alles in einem Betrieb zu vereinen scheint nicht wirklich vorstellbar. Dieses Mal haben wir uns mit dem Chef der Tischlerei Schaden, Christoph Schaden, in der Südsteiermark getroffen. Wie sich herausstellte, hat Christoph Schaden eine wahre Passion für das Kastenfenster entwickelt und ein Knowhow angesammelt, das für ein ganzes Buch reicht.
Sehr entspannt sitzt Christoph Schaden am Tisch, um über den vor kurzem übernommenen Familienbetrieb und seine persönliche Wende im beruflichen Leben zu sprechen. Eines fällt gleich auf, er spricht gerne Klartext und besticht durch eine anständige Portion Humor.
m|L: Ihr Familienbetrieb besteht eigentlich aus zwei Betrieben und zwei Generationen, wie lässt sich das erfolgreich führen?
Unser Tischlereibetrieb ist einer der ältesten Betriebe in der Steiermark, uns gibt es seit 1888. Über die Jahre sind wir natürlich gewachsen und haben uns in zwei Richtungen entwickelt. Mein Urururgroßvater war Kunsttischler, von ihm stammt zum Beispiel der Seitenaltar in Feldbach, das war die Hochzeit des Handwerks in Europa. Bei meinem Großvater war die Situation eine ganz andere. Er war gelernter Bautischler, aus der Situation heraus, Krieg und Nachkriegszeit, waren sein Hauptgeschäft lange Zeit triviale Holzarbeiten, wie Särge und Reparaturen. Erst später orientierte er sich in Richtung Möbel. Das Interesse meines Vaters ist die Innenarchitektur. Neben hochwertigen Tischlereiprodukten hat er sehr früh damit begonnen, Einrichtungsgegenstände aus Italien, Deutschland usw. zu importieren und mit handgefertigten Einzelstücken zu kombinieren. Mit einem Satz: Der Fokus der Tischlerei unterlag immer dem jeweiligen momentanen Besitzer. So ist es jetzt wieder.
Nach meinem Schulabbruch sah es zuerst nicht so aus, als würde ich jemals in den Betrieb einsteigen. Einige Zeit verdingte ich mir mein Einkommen mit diversen Jobs, so auch in einem Sägewerk. Dort wurde mir klar, die Tischlerei ist meine Zukunft. Die erste Station war dann die Tischlereiausbildung im Holztechnikum in Kuchl, die ich aber nach zwei Jahren unterbrach um in Dänemark Design zu studieren. Anschließend zurück in Österreich beendete ich die abgebrochene Ausbildung in Kuchl. Nach mehreren Jahren bei verschiedenen Firmen, u.a. bei Bene, war es soweit. Vor ca. 10 Jahren bin ich dann in den elterlichen Betrieb eingestiegen und vor einem guten Jahr habe ich ihn ganz übernommen.
Wie bei vielen Familienbetrieben ist es nicht einfach, die Vorstellungen und Ideen von zwei Generationen zu vereinbaren, so auch bei uns. Mein Vater hat den Schwerpunkt Innenarchitektur, die allerdings nicht so ganz meiner Vorstellung von Design usw. entspricht. So wurde mir die Zweitschiene, Sanierung von Kastenfenstern, „zugeteilt“. Die Fenstersanierung ist auch wieder geschichtlich bedingt. Schon vor 130 Jahren bauten wir die sogenannten Kastenfenster. Die Nachfrage nach der Sanierung dieser nun sehr alten Fenster wurde im Laufe der Zeit immer größer und so hat sich diese Schiene wieder etabliert.
Wir können als Tischler natürlich ein Fenster sanieren, aber uns geht es dabei auch um das Verstehen.
Wir wollen das Fenster verstehen, so verbessern, um es auch von den technischen Werten her in die heutige Zeit zu bringen und so einen Mehrwert für den Kunden zu generieren. Wir haben uns bereits vor Jahren an die TU Graz gewandt und mit Prof. Gamerith ein System zur Sanierung historischer Kastenfenster entwickelt. Dieses System dreht sich um die fünf großen Themen bei Kastenfenstern: Dichtung, Zug, Anstrich / Lack, Kitt / Leinölkitt – und das große Thema Wärmetechnik, nicht Dichtung, sondern Dämmung.m|L: Ein kleiner fachlicher Exkurs in die Welt der Sanierung. Gerade das Thema Dichtung ist nicht ohne.
Ja. Wir haben es gelöst indem wir für die Schlagregendichtung ein eigenes Schienensystem aus Aluminium entwickelt und patentiert haben. Bei der Luftdichtheit ermöglichte uns eine spezielle Dichtungsfräse ein Luftdichtungssystem zu entwickeln, mittels diesem wird der Flügel maßgenau in den Stock eingefräst, da eigentlich kein Platz für eine Dichtung vorhanden ist. Wichtig zu erwähnen ist, dass bei einem Kastenfenster immer nur eine Ebene, die Innenebene, dicht sein darf. Sonst kommt es zu einer sogenannten Dampfwalze, bekannt unter Schneeblumen und das ist ein bauphysikalisches Problem. Da spielt auch gleich die Dämmung hinein. Mit Hilfe einer eigens dafür entwickelten Maschine ist es uns möglich, superdünnes Isolierglas in historische Fenster einsetzen zu können und erzielen so ideale Dämmwerte.
Neben der Isolierung ist der Schallschutz ein sensibles Thema, wobei ich kein großer Freund von Isolierglas (Sondermüll) bin. In der Stadt ist Schallschutz eine Notwendigkeit und da gibt es bis dato leider nichts Besseres als Isolierglas. Um diese neuralgischen Punkte zu lösen, haben wir uns ein zweites Mal an die TU gewandt.
m|L: Allerdings muss man zwischen Restaurierung und Sanierung unterscheiden. Ziel der Restaurierung ist es, die alte Substanz zu erhalten.
Da wir auch sehr viel im Restaurierungsbereich tätig sind, ist uns das natürlich bewusst und auch wichtig. Grundsätzlich geht es darum, einen Mittelweg zu finden. Der Nutzer gibt sehr viel Geld dafür aus und da gilt es abzuwägen. Bei den Arbeiten im Joanneum wurde hingegen bestmöglichst substanzerhaltend gearbeitet. Der Schlüssel, wie Handwerk in der heutigen Zeit bestehen kann, liegt für Christoph Schaden in der Spezialisierung. Sich hinsetzen und überlegen wo geht es hin? Was sind die Zeichen der Zeit?
Es gibt gerade im klassischen Handwerk viel Potential für Veränderung und Spezialisierung. Was braucht der Markt? Wohin entwickelt es sich? Was ist die Nutzung? Vielleicht produziere ich in 10 Jahren Waschmaschinen aus Holz? Damit will ich sagen, flexibel reagieren und agieren sind das A&O. Wie ich damit umgehe und es einsetze, das ist die Raffinesse des jeweiligen Betriebes. Wir haben uns für Kastenfenster entschieden und ich denke, unsere Generation hat damit ein auslangen. Das sind ganz hilfreiche Gedanken.
Fünf Probleme, fünf Gewerke
Damit sind wir beim handwerklichen Aspekt und der damit verbundenen Vielseitigkeit. Um ein optimales Kastenfenster zu bauen, müsste ich Tischler, Glaser, Architekt, Maler und Beschlagsschlosser sein. In unserem Unternehmen sind all diese aufgezählten Handwerker beschäftigt, was aber nicht heißt, dass unsere Tischler nicht über das Wissen verfügen. Die Architekten hingegen sind mehr im Bereich der Abwicklung tätig.
m|L: Ausbildung und Zugang zum Handwerk. Auf der Unternehmenswebsite ist der Begriff Tischlereitechniklehre zu finden.
Die Tischlereitechnikerlehre ist eine neue Lehrausbildung und dauert ein Jahr länger d.h. vier Jahre mit Spezialisierung in Planung oder CNC. Unser Ansinnen ist es, alle Lehrlinge in diese Richtung zu bringen, da wir die Erfahrung gemacht haben, dass diese Leute bereit sind, einen Schritt weiter zu gehen. Zusätzlich haben wir in unserem Betreib ein eigenes Budget für Weiterbildung, für Englischkurse, Matura, Marketing, alles was im Betrieb eingesetzt werden kann bezahlen wir auch. Das ist eine Erfahrung, die ich aus Dänemark mitgebracht habe, lebenslanges Lernen ist unumgänglich und verschafft auch in schwierigen Zeiten entscheidende Vorteile.
m|L: Ein neuralgischer Punkt ist die Lehrausbildung und der Wert dieser Ausbildung in Österreich derzeit. Für Christoph Schaden ist klar, das unsinnige Denken in Österreich, wer zu dumm zum Lernen ist, wird Handwerker muss aufhören!
Die Vorbilder der jungen Lehrlinge müssen Unternehmer sein, die durch das Handwerk etwas geschaffen haben. Wir versuchen jeden Lehrling von Anfang an zu motivieren und die bestmöglichste Ausbildung zu ermöglichen. Da hört man immer wieder, wenn ich die Lehrlinge gut ausbilde, sind sie nach der Gesellenprüfung weg. Das ist richtig. Man muss vier, fünf Lehrlinge ausbilden damit einer bleibt, aber das ist für mich in Ordnung. Wir haben Mitarbeiter die bei uns die Lehre absolviert, sich dann in der Welt umgesehen haben und wieder zurückgekommen sind. Das sind für uns sehr wertvolle Mitarbeiter. Hinzu kommt, welche Perspektiven biete ich meinen Angestellten. Ein tolles Projekt im Bereich Gastronomie möchte ich kurz erwähnen. Bei dieser Initiative bilden mehrere Betriebe Lehrlinge gemeinsam aus. In der Sommersaison ist der Lehrling bei einem Betrieb in der Steiermark und in der Wintersaison zum Beispiel bei einem Partnerbetrieb in Tirol. Dadurch erfahren die jungen Menschen diverse Arbeitsweisen und können ihr Wissen erweitern und ergänzen. Das ist auch im Tischlereibetrieb umsetzbar. Umso breiter die Leute ausgebildet sind umso besser können sie am Arbeitsmarkt agieren.
Berufsschulen müssen sich noch mehr öffnen und noch mehr mit der Wirtschaft kooperieren. Leidenschaftliche Unternehmer können das Handwerk wesentlich besser transportieren und so die Motivation steigern.
Es zählen immer die handelnden Personen, aber man kann versuchen Unternehmer, die „Glanzlichter“ sind, in die Berufsschulen zu bringen um so die jungen Menschen zu motivieren und ihnen die spannende Welt des Handwerks aufzeigen. Ein Unternehmer kann es ganz anders transportieren. Ich wäre da sofort dabei und andere sicher auch. Und, junge Leute gehören ins Ausland, warum sollen Lehrlinge nicht auch in einer Berufsschule in Dänemark oder England, einen Teil absolvieren, das geht am Gymnasium ja auch. Über diese Erfahrung würden sie erkennen, was das Handwerk gerade in England für einen Wert hat und somit erhalten sie Perspektiven und Visionen. Das sind Leute die wir in Zukunft brauchen.
Zum Abschluss möchte ich noch anmerken, dass es nicht gerade einfach ist, Lehrlinge auszubilden, da es ganz rigide Vorschriften von Seiten der Kammer usw. gibt. m|L: Noch ein Wort zum Thema „IQ“ – Christoph Schaden bemüht sich aktiv darum, das Image der Ausbildung zu verbessern und jungen Menschen mit Lernschwäche eine Chance zu bieten.
Wir nehmen immer wieder Lehrlinge auf, die schulisch sehr schwach sind, die uns aber als Typ gefallen. Um diese Menschen optimal zu fördern, kaufen wir die Leistung meiner Mutter über den Betrieb zu und versuchen so gemeinsam auch das Schulische hinzukriegen. Das ist bei uns natürlich auch ein Glücksfall, da meine Mutter ausgebildete Lern-, Legasthenietrainerin und Mototherapeutin ist.
Wie man sich für Großes qualifiziert, indem man sich für Kleines nicht zu schade ist.
Oft kommen Anfragen, die ganz unscheinbar klingen und entpuppen sich dann als wahre Schätze. Wichtig für uns ist das Gespräch mit den Kunden, so ergeben sich aus kleinen Reparaturarbeiten immer wieder Empfehlungen für große Aufträge. Bei gewissen Projekten muss man einfach zugreifen, aber genauso muss man auch nein sagen können. Meine Devise für Erfolg ist ein klares Profil. Über diesen Weg haben wir eine Marke geschaffen und uns auch im Ausland etabliert.
Wissen weiter tragen – Christoph Schaden und sein Team sanieren zwischen 1000 und 1500 Fenster pro Jahr und nicht eines ist gleich. Damit dieses Wissen nicht verloren geht, veranstaltet er immer wieder ein sogenanntes Fensterfrühstück und versucht durch die Teilnahme bei Ausstellungen die Menschen zu erreichen. Mittlerweilen wird er immer wieder von Betrieben, Hausverwaltungen usw. eingeladen, um zu diesem Thema zu referieren. Er ist auch der einzige Sachverständige mit Spezialisierung auf Kastenfenster und Fenstersanierung in Österreich.
Wer sich noch weiter vertiefen möchte, Christoph Schaden steht gerne zur Verfügung!
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